Bericht
„Hallo! Muzungu, how are you?“ wird uns aus lachenden Kindergesichtern in wenigen Stunden entgegenschallen und uns die nächsten vier Wochen dauerhaft begleiten. Auch wird uns an jeder Straßenecke gewinkt und immerzu ein „ride“ auf einem sogenannten Bodaboda angeboten.
Aber all das können wir uns noch nicht vorstellen, als wir uns an einem sonnigen Tag, Anfang August, auf den Weg in ein Abenteuer begeben.
Wir sind Peter Drescher (Zahnarzt aus Stuttgart), Romina Holler (Zahnärztin aus Frankenberg), Carolin Einhäuser (Zahnärztin aus Hamburg), Johanna Siveking (ZfA und angehende Lehrerin aus Hamburg), Johanna Groß (Studentin aus Münster), Malte Wulf (Student aus Jena) und ich Lara Löffler (Studentin aus Jena).
Malte und ich sind als Sparfüchse bereits einen Tag früher angereist und haben die Nacht in einem kleinen Hostel direkt am Lake Victoria verbracht. Leider sind unsere Koffer in Kairo geblieben und wir wissen noch nicht, dass sie auch noch eine weitere Woche dort verbringen werden. Eine Nacht früher anzureisen können wir aber sehr empfehlen.
Wir treffen am Flughafen auf das restliche Team und machen uns unterschiedlich ausgeruht und mit zwei Autobussen die groß mit „Tourist Van“ beschildert sind auf den Weg in unser Dorf Buhoma, direkt am Eingang zum Bwindi Impenetrable Forest. Eingestellt haben wir uns auf circa neun Stunden Fahrt, verbringen aber die nächsten 12 Stunden auf den Straßen Ugandas. Unser Driver ist fest von einem „Short Cut“ überzeugt, der uns gleich zu Beginn mit der sogenannten „african massage“ vertraut macht. Im Laufe unseres Einsatzes werden wir diese noch oft genießen können. Zwei Platten und einige Male Verfahren später kommen wir endlich an.
Wir Studenten übernachten im Bwindi Guest House, wo wir gleich am ersten Abend den Gründer des Krankenhauses Scott Kellermann kennenlernen dürfen. 2003 hat er das Krankenhaus vor allem zur Versorgung der ursprünglichen Jungelbewohner der „Batwa Pygmäen“ als „hospital under a tree“ gegründet. Seitdem wächst es immer mehr und demnächst soll auch eine Zahnklinik angebaut werden, zu der wir Denkanstöße geben durften. Scott ist eine sehr bodenständige, beeindruckende und inspirierende Person mit wahnsinnig viel Energie und Tatendrang, trotz seines hohen Alters. Im Laufe unserer Zeit hier werden wir sowohl mit ihm als auch anderen Gästen viele interessante Gespräche führen. Die anderen Mitglieder des Teams haben sich für das etwas komfortablere, aber auch touristischere „Buhoma Gorilla Camp“ entschieden. Dort lernen sie viel Rukiga; die Sprache, die vor allem in Südwesten Ugandas gesprochen wird. Mit den Wochen, die wir hier verbringen, lernen wir immer mehr Wörter, die uns vor allem bei den Behandlungen sehr helfen werden, aber auch vielen ortsansässigen Menschen ein Lächeln ins Gesicht zaubern.
Gut zu wissen, über die Bevölkerung Ugandas ist: die Menschen lieben Reden und dramatisches Zusammenkommen sehr. Für uns Deutsche am Anfang etwas ungewöhnlich, sich an jedem Ort (Kirche, Krankenhaus, Grundschule…) erst einmal vorzustellen und mindestens zu erzählen, wie froh man ist, da zu sein. Die Einheimischen freuen sich aber sehr darüber und es ist ein wichtiger Teil der Kultur. Immer an unserer Seite ist Dennis Muzingusi. Er ist in Buhoma aufgewachsen und hat aufgrund seiner eigenen, tragischen Geschichte, die Frauenhilfsorganisation „Bwindi4Women“ gegründet.
Er löst jedes Problem, organisiert für uns nicht nur die Behandlungen und den Transfer zu den Outreaches, sondern sogar eine Minisafari am zweiten Wochenende und ist somit ein sehr lustiger und unabdingbarer Begleiter. Es lässt sich aber nur spekulieren, warum genau er uns seit dem letzten Einsatz hilft.
Die erste Woche des Einsatzes verbringen wir in der Buhoma Community Primary School. Begleitet werden wir von Brian (dem Zahnarzt des Hospitals) und Naomi (der ZfA des Hospitals). Wir werden mit der Zeit mehrfach Zeugen des Talents der beiden, beim Extrahieren von Zähnen (ohne zu osteotomieren), welche wir ohne ihre Hilfe vermutlich nie entfernt hätten.
Nach dem Aufbauen unseres Behandlungsraumes und einer Putzdemonstration auf dem Schulhof empfangen wir zuerst viele Kinder und ab dem zweiten Tag zunehmend mehr Erwachsene. Wir sind teilweise erstaunt über die gute Mundhygiene, legen kleine Füllungen, müssen aber auch viele Zähne extrahieren. Hier heißt es oft kreativ werden, wenn es mal wieder Stromausfall gibt, weil ein Großteil unserer Ausrüstung in Kairo liegt oder weil durch einen Kurzschluss unser Motor für die Bohrer den Geist aufgibt. Wir behelfen uns mit viel Watte und den Handexcavatoren und können so trotzdem fast jeden Patienten behandeln. Zum Abschied hat die Theatergruppe eine sehr rührende und typisch ugandischeTanz- und Gesangsvorführung für uns vorbereitet, bei der wir zum ersten Mal auch selbst den „Bakiga-Dance“ ausprobieren dürfen. Es werden noch einige Male folgen.
Auch das Wochenende ist vollgepackt mit Programm. Wir besuchen mit Dennis seine Organisation und nehmen am Gorillatracking der „Muyambi“ Familie teil. Das war ganz besonders, aber uns bleibt keine Zeit zum Verarbeiten, denn am Montag geht es gleich weiter zu den Outreaches.
Das bedeutet für uns, jeden Tag ein anderes kleines Dorf im Umkreis von 1-2h „african massage“ zu besuchen und dort so viele Patienten wie möglich zu behandeln. Uns werden dafür leerstehende Klinikräume, Grundschulen und sogar eine Kirche zur Verfügung gestellt. Wir müssen uns meistens auf Extraktionen beschränken, wobei der Füllungsbedarf auch recht gering ist. Teilweise geht es sehr ruhig zu, an anderen Tagen warten aber schon um die 200 Patienten, teilweise ausgerüstet mit Wartenummern. In solchen Fällen müssen wir unsere spezielle Technik der Expressanästhesie anwenden - bedeutet ein Behandler anästhesiert durchgängig und schickt die Patienten nach kurzer Wartezeit zur Extraktion in einem anderen Team- weil kein Ende in Sicht ist, wir aber jeden behandeln möchten.
Nach dieser eindrucksvollen und anstrengenden Woche kommt die kleine Safari am Wochenende im Queen Elisabeth National Park sehr gelegen und wir können mit großem Glück alle der dort lebenden „Big Four“ sowohl von Wasser als auch von Land bestaunen.
Leider müssen wir uns jetzt von Caro, Jojo und Romina verabschieden, dafür stößt Martin Retterath (Zahnarzt aus Speyer) am Sonntag zu uns.
So absolvieren wir eine weitere Woche Outreaches und decken so einen großen Teil der Community mit kostenloser Behandlungsoption ab.
Leider müssen wir uns danach auch von Peter verabschieden und sind so zu einem Team von vier Mitgliedern geschrumpft.
Für die letzte Woche unseres Einsatzes ziehen wir in das Krankenhaus in Buhoma, in den Bibliotheksraum, welcher sogar mit zuverlässigem Strom ausgestattet ist. Wir hatten hier mit mehr Füllungsbedarf gerechnet, extrahieren aber beinahe genauso viele Zähne wie bei den Outreaches. Die Menschen sind es gewöhnt, erst zum Zahnarzt zu gehen, wenn der Schmerz unerträglich ist und möchten, dass nur genau der eine Zahn behandelt wird. So müssen wir uns die typische 01 Durchsicht schnell abgewöhnen.
Am Ende unseres vierwöchigen Einsatzes kommen wir insgesamt auf eine Bilanz von 1203 Behandelten Patienten, davon 781 Extraktionen, 102 Füllungen und 320 Advices.
Wir sind sehr stolz auf unsere Leistung und verlassen mit viel neuem Wissen, tollen Eindrücken und neuen Freunden den Dschungel im Westen Ugandas und machen uns auf die ähnlich holprige 13h Rückfahrt zurück nach Entebbe.