Bericht
Am 26.02.24 ging es für den ersten Teil unseres Teams (Anastasia, Kirsten, Nicole, Hannah, Liv und Marisa) von Frankfurt über Paris nach Antananarivo. Um die Gelbfieberimpfung zu umgehen, haben wir unsere Flüge über Paris gebucht.
Am Flughafen wurden die Koffer nochmal umgepackt, um die vielen Materialspenden unter allen aufzuteilen.
Nach zwei Tagen Aufenthalt in der Hauptstadt Antananarivo (Tana) ging es dann weiter nach Fort Dauphin. Als Hotel hatte unser Team aufgrund der vorangegangenen Einsatzberichte das Le Nephentes gewählt. Auch wenn die kleinen Hütten sehr charmant waren, war es erstmal etwas gewöhnungsbedürftig, wenn man westliche Standards gewohnt ist – insbesondere was die Sauberkeit angeht.
Dort angekommen lernten wir unsere Ansprechpartnerin vor Ort, Maria, kennen, die dem Team den Einsatzort und das Materiallager zeigte. Dies befand sich im College St. Vincent in Marillac. Der Behandlungsraum war mit vier Liegen ausgestattet, die als Zahnarztstühle fungieren sollten. In den folgenden zwei Tagen machten alle Inventur und sortierten die Materialen für den ersten Einsatzort in Tsihombe, was circa 3h Fahrt entfernt ist.
Kurz darauf sind die nächsten beiden zur Gruppe dazugestoßen (Annika und Lena). Somit war das Tsihombe- Team für die ersten beiden Wochen komplett. Gemeinsam wurde gepackt, das Auto beladen und am nächsten Tag ging es auch schon los.
Nach einer sehr langen sehr holprigen Fahrt wurden wir in Tsihombe herzlich von den Nonnen empfangen. Insbesondere Schwester Emma hat sich während unserer Einsatzzeit sehr gut um uns gekümmert, war Ansprechpartnerin bei Problemen und oftmals Dolmetscherin. Die 10 Arbeitstage vor Ort waren körperlich und mental sehr anstrengend. In Tshihombe fällt die Temperatur selten unter 30 Grad, auch nachts gibt es kaum Abkühlung. Das Patientenaufkommen ist sehr hoch, neben vielen zu extrahierenden Zahnen gab es immer wieder Abszesse und extraorale Fisteln.
Generell ist der Gesundheits- und Ernährungszustand der Menschen in dieser Region Madagaskars schlecht. Viele Kinder leiden an Unterernährung und sind in der Entwicklung verzögert. Auch Infektionskrankheiten wie HIV, Tuberkulose oder Lungenpest sind weit verbreitet. Darauf sollte man mental und ausrüstungstechnisch vorbereitet sein. So sind z.B. FFP2-Masken und eine HIV-Pep unverzichtbar.
Die Unterkunft ist einfach aber ausreichend. Meist gibt es kein fließendes Wasser, dennoch wird immer ausreichend Wasser in einer Regentonne zur Verfügung gestellt. Auch das Essen ist einfach und nicht im Überfluss vorhanden. Dennoch muss man anerkennen, wieviel Mühe sich die Nonnen geben um den Einsatzteams ein relativ hygienisches und abwechslungsreiches Essen zur Verfügung zu stellen.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Einsatz in Tsihombe ein Erfolg war, wir haben viele Menschen mit unserer Arbeit erreicht, vielen Kindern ihre erste Zahnbürste inklusive Zahnputztraining geben können und wir konnten Eindrücke von Madagaskar bekommen, die man als Tourist normalerweise nicht erhält. Dennoch scheint es wichtig hervorzuheben, dass sich dieses Einsatzgebiet eher für reise- und behandlungserfahrene Menschen eignet. Die Bedingungen und mentale Belastung sind nicht zu unterschätzen.
Am 14.03.24 starteten wir als 3. Teil des Teams (Véronique und Yvonne) in Richtung Madagaskar. Wir übernachteten im Fly Inn in Tana, um am nächsten Morgen unseren Inlandsflug mit Air Madagascar nach Fort Dauphin anzutreten. Hier lernten wir direkt unseren Taxifahrer John kennen sowie Maria, die uns am Abend mit in eins der schönsten Restaurants vor Ort nahm: L’Arrivage. Direkt am Strand mit tollem Ausblick und leckerem Essen.
Am nächsten Morgen holte uns Maria ab und zeigte auch uns das Collège, wo wir die nächsten 2 Wochen behandelten. Im Anschluss lernten wir Marias Mann Norbert und eine befreundete Allgemeinmedizinerin, Dr. Jane Olivier, kennen. Jane kommt aus Südafrika und hat in Fort Dauphin das „Centre medical“ gegründet, um dort die Menschen zusätzlich zum Krankenhaus zu versorgen und vor Allem Schwangere und Geburten zu betreuen. Sie lud uns ein, ihre „Klinik“ zu besuchen und uns Ihre Geschichte zu erzählen, sowie uns Tipps über die größten Probleme und den Umgang damit als Europäer in Madagaskar zu geben (wie z.B. Magen/Darm, Malaria). Wir können jedem folgendem Team empfehlen, den Kontakt zu ihr aufzubauen.
Am Nachmittag kam der erste Teil des Teams aus Tsihombe zurück, wir lernten uns endlich alle persönlich kennen und verbrachten den Abend im L’Arrivage in traumhafter Kulisse.
Am nächsten Tag ging es dann für die ersten 3 unserer Truppe auch schon wieder nach Hause.
Wir entschieden, als Team noch einen kleinen gemeinsamen Ausflug zu machen, da die Gruppe aus Tsihombe doch sehr geschafft war. So konnten wir uns auch vor Start nochmal richtig kennenlernen. Wir haben mit John den Weg nach Berenty angetreten und verbrachten einen erlebnisreichen Tag im Reservat. Wir waren durch und durch fasziniert von der schönen Natur und den liebenswerten Lemuren und all den anderen Tieren.
Zurück in Fort Dauphin haben wir unseren Behandlungsraum hergerichtet. Als Ansprechpartner des Collège standen uns Benedicte und Benoit (Entwicklungshelfer) zur Seite und haben uns mit Putzutensilien versorgt. Die beiden haben die Behandlung der Kinder nach Klassen eingeteilt, was uns eine große Hilfe war. Wir teilten uns auf – einige machten sauber, andere fingen schon mit dem Prophylaxeunterricht in den Schulklassen an.
Gegen Mittag waren wir endlich bereit für den Behandlungsstart!
In der 3. Einsatzwoche haben wir ausschließlich die Schüler des Collège behandelt, da in Woche 4 die Osterferien starteten und die Kinder bei ihren Familien blieben.
Der Zustand der Zahngesundheit der Kinder war für uns durchaus erschreckend. Bereits in jungem Alter waren zahlreiche Molaren und Frontzähne tiefzerstört, sodass schweren Herzens nur noch die Extraktion sinnvoll war. Viele Kinder haben von uns ihre erste allererste Zahnbürste bekommen. Das erklärte einiges.
Unsere Instrumente haben wir mit einer mobilen Herdplatte und einem Schnellkochtopf aufbereitet. Als Dolmetscher wurde uns Claude zur Seite gestellt, ein junger, aufgeschlossener Priester des angeschlossenen Klosters, mit dem wir viel Spaß hatten und dem wir sehr dankbar für seine Dienste waren.
Am Ende der 3.Woche reisten die letzten beiden Zahnärzte (Attaul und Linh) aus München an. Am Wochenende hatten wir einen Ausflug geplant, der leider sprichwörtlich ins Wasser gefallen ist. Vor der Küste tobte ein heftiger Sturm; für die Wetterverhältnisse vor Ort eher ungewöhnlich, wie uns die Einheimischen berichteten. Wir fuhren stattdessen zum Hotel Talinjoo, auf das wir aufmerksam wurden aufgrund des großartigen Infinity Pools mit sagenhaftem Ausblick auf die Wellen – Regenwetter hin oder her, es war große Klasse. Auch das Essen war grandios.
In der 4. Woche haben wir unsere Abendessen abwechselnd im l´Arrivage, Chez Bernard und Talinjoo verbracht. Es gab sehr viel Seafood und viel Zebu.
Zur Arbeit sind wir morgens immer mit dem Tuktuk gefahren, was jedes Mal ein kleines Highlight war und deutlich mehr Spaß machte als mit dem Taxi.
In Woche 4 startete dann die Behandlung der Einheimischen. Der Andrang war riesig, an Tag 2 unserer Behandlungswoche standen morgens 75 Erwachsene vor unserer Tür und warteten darauf, behandelt zu werden. Im Laufe des Tages kamen immer wieder Patienten dazu. Leider haben wir es nicht jeden Tag geschafft, alle Patienten zu behandeln. Ab Tag 2 haben wir Liste geführt, von den Personen, die schon gewartet hatten und haben diese am nächsten Tag vorrangig behandelt. Claude war somit nicht nur Dolmetscher, sondern auch ein super Patientenmanager. Meist endete es in Extraktionen und nur selten waren Füllungen überhaupt noch möglich. Da die Hitze sehr anstrengend war, beschloss unser Team, täglich von 8.00 – 15.00 Uhr durchzuarbeiten und nur individuell kurze Pausen zu machen. So hatten wir jeden Tag noch etwas Zeit, um bei Tageslicht den Feierabend zu verbringen – um 18 Uhr war es bereits dunkel.
Am Ende des Einsatzes haben wir so einiges geschafft. In Woche 1-2 in Tsihombe: 390 Patienten, 654 Zahnextraktionen, 60 Füllungen. In Woche 3-4 in Fort Dauphin: 269 Patienten, 943 Zahnextraktionen, 86 Füllungen.
Schlussfolgernd war es eine unglaublich wertvolle Erfahrung, ein so facettenreiches Land wie Madagaskar kennenzulernen. Die Landschaft, sowie die Tier-und Pflanzenwelt sind wunderschön – die Armut der Bevölkerung und die Chancenlosigkeit vieler Kinder hat uns jedoch auch sehr traurig gestimmt. Bei allen hat dieser Einsatz viele Emotionen ausgelöst und das Bewusstsein und die Dankbarkeit hervorgerufen, so „privilegiert“ wie in Deutschland leben zu dürfen. Es war eine intensive - manchmal auch anstrengende - Zeit voller unvergesslicher Erfahrungen.
Mein Leben hat es definitiv bereichert. Die Madagassen sind unglaublich freundlich und dankbar. Als sich rumgesprochen hat, wer wir sind, wurden wir morgens auf dem Weg zum Tuktuk schon winkend begrüßt. Außerdem war es schön, in der Zeit vor Ort auch mit einigen Einheimischen eine fast schon „Freundschaft“ aufzubauen. So erzählten und lachten wir immer viel mit unserem Rezeptionisten Alain aus dem Le Nepenthes oder auch mit dem Taxifahrer John, der sich stets um uns kümmerte und dessen Songs wir im Auto bald mitsingen konnten.
Wir bedanken uns – auch im Namen unserer Patientinnen und Patienten - herzlichst bei allen, die unser Projekt durch Geld- oder Sachspenden und durch stetige Unterstützung möglich gemacht haben.