Bericht
Als unser Team mit 2 Zahnärzten (Stefan Scheinert & Christian Weber), 2 Zahnärztinnen (Therese Nordmann & Veronika Mayr) und erstmals 2 Zahnarzthelferinnen (Stefanie Wagner & Elena Kieserling) vollständig war, begannen die Vorbereitungen. Arbeitserlaubnisse, Visa und Zollanträge wurden beantragt, Reiseführer studiert und fleißig Spenden gesammelt. Insgesamt kamen wir durch die großzügigen Geldspenden von Familie, Freunden und Patienten auf stolze 11.250 Euro. Auch die Dentalfirmen waren nicht geizig beim Spenden und ermöglichten uns sechs große Koffer voller Sachspenden.Durch unsere Skype-Gespräche lernten wir uns vorab schon ein wenig kennen und verstanden uns auf Anhieb sehr gut. Unser Plan war es,dass wir uns alle am Pariser Flughafen treffen und gemeinsam nach Antananarivo fliegen. Leider klappte dies für Stefan und Christian nicht, weil ihre Flüge nach Paris abgesagt worden sind. Sie landeten dann mit mehrmaligem Umsteigen und einigen Umwegen erst später auf Madagaskar. Als dann aber alle heile in Antananarivo angekommen sind, konnten wir starten.
Unser erster Einsatz war bei Soltec (ein Berufsausbildungszentrum) in der Hauptstadt Madagaskars. Auch unsere Unterkunft, bei der uns an nichts fehlte, war direkt vor Ort. Mit leckerem Essen und super freundlich Leuten konnten wir die Zeit vor und nach der Arbeit immer sehr genießen. Zu unserer Überraschung konnten die Leute vor Ort auch vereinzelnd deutsch sprechen, was uns die Kommunikation um einiges leichter machte ☺ (Denn nicht alle aus unserem Team hatten Französisch-Kenntnisse.) Zudem half uns auch noch Sophie, die hier seit einigen Monaten ihr Praktikum absolvierte.
Bei Soltec lagerten die Geräte und Instrumente von Planet Action mit denen wir unsere „Praxis“ vor Ort ausstatten konnten. Auch Massageliegen standen uns erfreulicher Weise als Behandlungsliegen bereit. Nachdem alles ausgepackt und sortiert war, konnte unser erster Arbeitstag beginnen. Die Lehrer kümmerten sich darum, dass die Jugendlichen immer in kleinen Gruppen zu uns geschickt wurden und halfen auch beim Übersetzten. Wir verteilten Zahnbürsten und -pasta an die Kinder und demonstrierten das Putzen an einem Modell. So sind wir bei jeder neuen Gruppe vorgegangen. Danach ging es reihenweise in unseren Behandlungsraum. Hier musste schnell entschieden werden: Behandeln wir nur den akuten Bedarf, das Bedürfnis des Patienten oder alles, was uns im Befund aufgefallen ist? Bei dem Andrang an Patienten wurde allerdings schnell klar: Wir können uns nur auf den akuten Bedarf/Schmerzen konzentrieren. So lautete unsere häufigste Frage: „Marari?“ (Schmerzen?) und „Eisa Marari?" (Wo sind die Schmerzen?). Immer wieder gingen unsere Blicke an die Wand, an die wir uns sehr hilfreiche Vokabelzettel drapiert hatten.
Im Laufe des ersten Tages wurde schnell klar, dass wir das Wasser aus dem Wasserhahn, der in unserer „Praxis“ angebracht war, leider nicht gebrauchen konnten. Auch der Herd blieb leider kalt, sodass wir die Aufbereitung unserer Instrumente auf unsere private Küche in der Wohnung verlegen mussten. Mit der Zeit fiel uns besonders auf, dass die Patienten hier direkt sehr stark bluten. Vielleicht liegt diese Wahrnehmung aber auch an der fehlenden Absaugung (laut Christian vermisste er diese noch mehr als sein Röntgengerät ;-)). Das viele Blut zog zum Mittag hin immer stärker die Fliegen an und unser Abfall begann zu riechen. Was diesen Umstand betrifft waren wir alle froh, dass auf Madagaskar gerade Winter war und die Temperaturen nicht ganz so hoch waren (26°C). Zudem merkten wir auch langsam unsere Rücken, da die Massageliegen nicht ganz komfortabel für die Behandler waren. Somit folgte nach Feierabend ab und an eine kleine Gymnastikrunde ;-)
An unserem letzten Behandlungstag in Tana versammelten wir uns zum Zähneputzen mit den Schülern auf dem Innenhof. Da standen nun 220 Schüler inklusive „Wartezimmerpatienten“ und warteten auf unsere Anweisungen. Alle, die noch keine Zahnbürste hatten, bekamen eine. Dann wurde die Paste verteilt und wir versuchten strikt 3 Minuten Putzzeit einzuhalten. Ehrlich gesagt klappte das bei den wenigsten. Aber wir sind zufrieden, wenn wenigstens ein paar von den Schülern unsere Tipps umsetzen werden! An diesem Tag kamen besonders viele Patienten, da es sich mittlerweile schon rumgesprochen hatte. Es brach uns das Herz, aber nach 75 Patienten und 7 Stunden Arbeit mussten wir die Übrigen leider nach Hause schicken…
Auf dem Weg von Tana nach Ambalavao, unserem zweiten Einsatzort, hatten wir noch etwas Zeit uns Madagaskar anzusehen. Nach vielen tollen Aussichten, vielen prägenden Eindrücken, diversen erfolglosen Stopps in Apotheken (auf der Suche nach Kanülen) und einer schönen Nacht im Regenwald (Ranomafana) kamen wir bei der von Ordensschwestern geleiteten Schule St. Joseph de Cluny an. Die Nonnen hatten allerdings noch nicht viele Gedanken daran verschwendet wie genau unser Einsatz ablaufen sollte. Aber durch die Hilfe von Anne, der deutschen Freiwilligen vor Ort hatten wir die kleinen Probleme schnell behoben. Außerdem gab es noch ein großes LECKERES Empfangsessen zusammen mit allen Schwestern. Kaputt vom Tag gingen wir dann in unsere zwei kleinen Schlafräume und legten uns in die viel zu kurzen Betten (Madagassen sind eben etwas kleiner als die Deutschen). Der Morgen danach hatte schon mal eine große Überraschung parat… Das Wasserwerk hatte über Nacht beschlossen das Wasser wieder aufzudrehen und der Wasserhahn war versehentlich offen geblieben – Resultat: der komplette Flur inklusive unserer Zimmer stand unter Wasser und wir hatten für die Woche nur noch das Regenwasser in den großen Tonnen zur Verfügung. Nachdem wir das Chaos beseitigt und das Frühstück verputzt hatten ging es erstmal auf den Schulhof. Dort versammelt sich jeden Montag die komplette Schule zum Beten und zum Singen der Nationalhymne. In diesem Zusammenhang wurden wir auch den Schülern vorgestellt. Danach teilten wir uns auf. Zwei gingen für Putzdemonstrationen mit Anne durch die Schulklassen, die anderen starteten mit den Behandlungen. Mario, der Sekretär der Schule, hatte schon eine lange Liste mit Schülern mit Zahnschmerzen erstellt. Er half uns akribisch diese Liste über die Woche hinweg abzuarbeiten. Hier ließ sich auf jeden Fall beobachten, dass die Mundhygiene deutlich besser war, was wahrscheinlich daran lag, dass sich hier mehr Leute eine Zahnbürste leisten konnten. Der erste Arbeitstag endete dann wie immer um ca. 17/17:30 Uhr, weil dann die Sonne unterging.
Nach einer Dusche mit Regenwasser und Eimern zum Schöpfen haben wir den Abend noch in gemeinsamer gemütlicher Runde ausklingen lassen. Nachdem wir die Klassen Tag für Tag, nach und nach behandelten, kamen nun auch die Familien und ein paar der Nonnen in unseren Wartebereich geschlichen. An einem Nachmittag gönnten wir uns etwas Zeit, um Land und Leute anzusehen. Es ging durch die Stadt zum Zebumarkt und die Schwestern haben uns ein bisschen mehr von der Schule gezeigt. Zum Höhepunkt gehörte auf jeden Fall der Abend in der Karaokebar im Ort. Wir waren überrascht wie gut die madagassischen Männer singen können;-) Und durch die drei „Bodyguards“, die uns von den Nonnen mitgeschickt wurden, fühlten wir uns auch sicher genug um im Dunkeln nach Hause zu laufen. Die Nächte waren zum Teil sehr kalt, sodass beim Frühstück immer wieder ein Naseschniefen zu hören war. Der madagassische Winter im Hochland kann eben doch recht frisch sein. Am letzten Tag gab es dann ein Abschiedsessen mit den Schwestern mit kleinen Abschiedsgeschenken für uns und einen Tanz von den Schülern. Das alles hat uns nochmal sehr gerührt. Die Dankbarkeit der Leute ist spürbar groß! Auch die Nonnen haben von unseren Patienten nur positives Feedback bekommen.
Nach dieser Zeit haben wir so viele Eindrücke und Erfahrungen sammeln können, dass wir uns bestimmt noch gut und gerne an diese Reise erinnern werden. Und wer weiß, vielleicht sieht man den ein oder andern ja bei einem weiteren Einsatz von Planet Action.