Bericht

Hilfseinsatz Madagaskar, das bedeutet nicht nur vier Wochen Abenteuer sondern auch vieles an Vorbereitung und Planung! Alles beginnt mit dem ersten Skypegespräch bei dem wir uns erstmals kennenlernten und die Aufgaben untereinander verteilten. Es gab viel zu tun! Spenden mussten gesammelt werden, Materialien bestellt und der Einsatz mit Unterkünften und Transfers, Visa und Arbeitserlaubnis organisiert werden. Nur dank der zahlreichen Materialspenden der Dentalfirmen, den großzügigen Spenden von Freunden, Patienten und Familie und gutem Teamwork in der Vorbereitung konnte unser Einsatz reibungslos stattfinden.

Ende August ging es dann los. Voller Vorfreude und mit jeder Menge Material in unseren Koffern startete die Reise. Am Pariser Flughafen traf sich die erste Gruppe, die aus der Zahnärztin Dr. Daniela Zitsch aus Schriesheim, den Studentinnen Christina Rupp und Katharina Röhrmoser aus Regensburg und Linda Müller und Sarah Pohl aus Münster bestand.

Kurze Zeit später startete das Flugzeug nach Antananarivo (kurz Tana), wo wir von Mitarbeitern von Soltec vom Flughafen abgeholt wurden. Soltec, ein Berufsausbildungszentrum für sehr arme Menschen, war unsere erste Anlaufstelle für den geplanten Hilfseinsatz. Hier trafen wir noch eine weitere Studentin Carlotta Linder aus Bratislava und unsere zweite Zahnärztin für den ersten Teil des Einsatzes Dr. Simone Reiß aus Karlsruhe. Nun war unser Team für die ersten zwei Wochen komplett. Die ersten Tage blieben uns zum Akklimatisieren und erkunden der Stadt.

Auf dem Gelände von Soltec befindet sich ein Raum, in dem die Materialien von Planet Action lagern und während des Einsatzes als Praxis diente. Das Einrichten der Praxis begannen wir am Wochenende vor unserem ersten Arbeitstag. Es dauerte einige Zeit, alle Koffer und vorhandenen Materialien auszupacken und so aufzubauen, wie wir es für richtig hielten. Eine selbst gebaute Madagaskar-Praxis ist schon sehr anders verglichen mit einer normalen Praxis, aber wir fanden uns zurecht und entwickelten ein System, mit dem wir arbeiten konnten. An unserem ersten Arbeitstag wurden wir schon früh von einigen Patienten erwartet, die geduldig vor der Praxis saßen. Dies zeigte uns, dass der Behandlunsgsbedarf sehr groß ist. Nach kurzer Eingewöhnung arbeiteten wir super als Team und die anfängliche Unsicherheit von uns Studentinnen legte sich unter der Anleitung von Daniela und Simone schnell. Um die Kommunikation mit den Patienten zu erleichtern, stellte sich ein Mitarbeiter von Soltec zum Dolmetschen zur Verfügung, da die meisten Patienten kein Französisch sprachen. Dennoch lernten wir schon schnell die ersten Wörter Malagasy. Zu den wichtigsten Vokabeln zählten: Manaon (Guten Tag), aiza marary (Wo sind die Schmerzen?), zindrumina kely (kleine Spritze) und efa mety (gut gemacht). Von Tag zu Tag trafen mehr Patienten ein und wir arbeiteten eine Liste ab, die Soltec für uns zusammengestellt hatte. Durch die mobile Einheit waren viele flexible Behandlungen möglich, von Füllungen bis zur Osteotomie von Weisheitszähnen. Außerdem half sie uns häufig, wenn ein schon sehr beschädigter Zahn im unteren Drittel abgebrochen war und wir mit Hebel und Co. keinen Erfolg mehr hatten, diesen zu entfernen. Bei allen Behandlungen waren die Patienten sehr tapfer, geduldig und dankbar. Für die wartenden Patienten vor der Praxis gestalteten wir Putzdemonstrationen und verteilten Zahnbürsten und Zahnpasta.

Nach der ersten Woche musste unsere provisorische Klinik wieder verstaut werden, denn unsere Reise ging weiter nach Manda, der Ort unserer zweiten Einsatzwoche.

Das Wochenende verbrachten wir in Ampefy in der Region Itasy. Hier besuchten wir den Lac d´Itasy und den Wasserfall Chute de la Lily. Mit einem gemieteten Auto und Fahrer hatten wir die Möglichkeit auch die Natur außerhalb der Hauptstadt kennenzulernen und uns eine Auszeit vom Arbeiten zu nehmen.

Nach diesem sehr erholsamen Wochenende fuhren wir zurück nach Tana, um unser Material bei Manda in Empfang zu nehmen. Manda ist ebenfalls ein Hilfsprojekt, hier wird Straßenkindern eine Tagesbetreuung geboten. Sie werden unterrichtet, können Sanitäranlagen nutzen und bekommen Essen. Das Ziel ist es, sie soweit zu sozialisieren, dass sie öffentliche Schulen besuchen können.

Wir wurden sowohl von den Mitarbeitern dort als auch von den Kindern sehr herzlich begrüßt. Wir bauten unsere Praxis in einem der Klassenzimmer auf. Die Reinigung, Desinfektion und Sterilisation der Instrumente wurde dadurch erschwert, dass wir keinen Wasseranschluss in dem Raum hatten. Aber auch dafür fanden wir schnell Lösungen, sodass das Behandeln losgehen konnte. Wir begannen mit einer Putzdemonstration und gemeinsamem Zähneputzen der Kinder. Dafür verteilten wir an alle Kinder neue Zahnbürsten. In dieser Woche führten wir weniger Extraktionen durch als zuvor bei Soltec. Man konnte erkennen, dass die Kinder bei Manda regelmäßig ihre Zähne putzen, auch wenn hierbei noch Verbesserungspotenzial vorhanden ist. Viele Zähne konnten noch durch Füllungen gerettet werden. Auch wenn dabei manchmal die eine oder andere Träne verdrückt wurde, waren die Kinder insgesamt sehr tapfer und haben kurz nach der Behandlung wieder über beide Ohren gestrahlt. Dabei hat uns natürlich auch das Kinderspielzeug, das wir ebenfalls gespendet bekamen, sehr geholfen. Als wir die Kinder allesamt behandelt hatten kamen auch deren Eltern zu uns, wodurch sich viele spannende Fälle ergaben, wie zum Beispiel ein Abszess, den wir eröffnen konnten.

An unserem letzten Tag bei Manda wurden wir mit einer Abschiedsshow, die extra für uns einstudiert wurde, überrascht. Außerdem hatten die Kinder auch noch sehr kreative „Danke“-Plakate für uns gebastelt, über die wir uns wahnsinnig freuten. Die Arbeit mit den Kindern war um einiges anstrengender als das, was wir die Woche davor erlebt hatten. Aber die strahlenden Kinderaugen belohnen einen für all die Arbeit, die wir in unseren Einsatz gesteckt hatten. Außerdem fühlten wir uns in der zweiten Unterkunft, Maison du Pila sehr wohl und regenerierten uns vom anstrengenden Tag bei Snacks, Sport und Kartenspiel. Nachdem wir uns von den Kindern verabschiedet hatten, ging für drei von uns der Einsatz schon zu Ende. Daniela, Simone und Carlotta machten sich auf den Weg zurück nach Deutschland.

Auf einmal nur noch zu viert machten wir am folgenden Wochenende einen Ausflug nach Andasibe. Dort wanderten wir durch den Regenwald und konnten die Landschaft und die Tierwelt von Lemuren bis zu Krokodilen und kleinen Käfern, die aussehen wie Miniatur-Giraffen, bestaunen. Es waren sehr erlebnisreiche 38 Stunden, die wir wahrscheinlich auch aufgrund der Pannen auf der Rückfahrt nie vergessen werden. Glücklicherweise trafen wir bei unseren Autopannen immer auf sehr nette Leute, die unserem Fahrer fünfmal bei der Reparatur halfen und das Auto bestimmt zehnmal anschoben. Aufgrund der Rückfahrt, die statt drei Stunden acht Stunden dauerte, kamen wir erst spät bei Soltec an. Dort mussten wir noch die Materialkoffer für unsere Reise in den Süden packen.

Nach einem sehr kurzen Schlaf fuhren wir zum Flughafen. Dort trafen wir auf die Zahnärztin Bernadette Schoch und den Zahnarzt Dr. Karim Mamar aus Karlsruhe, die uns in den Süden begleiteten. Somit begann der zweite Teil des Einsatzes für uns und als unser kleines Flugzeug in Fort Dauphin landete, bemerkten wir direkt den Unterschied zur Hauptstadt. Die Luft war nicht voller Abgase und das Meer war in Sicht.

Maria und Norbert, die uns bei der Organisation im Süden unterstützt hatten, holten uns vom Flughafen ab und brachten uns zu unserer Unterkunft und unserem Arbeitsplatz für die nächsten zwei Wochen: das Kloster Marillac. Die Frères und der Père begrüßten uns sehr herzlich. Kaum in unseren Zimmern angekommen, legten wir uns alle erstmal für ein wohlverdientes Nickerchen hin, bevor wir an den Strand gingen. Dort lernten die ersten von uns die Tunga penetrans kennen, Sandflöhe, die sich wie kleine Zecken in die Füße bohren.

Unser Behandlungszimmer in Marillac war wieder ein Klassenzimmer, in dem es allerdings leider weder Strom noch Wasser gab. Dieses mussten wir in Eimern von der Wasserstelle holen. Sterilisiert wurde in einem Drucktopf, den wir neben der Küche auf eine Feuerstelle stellten. In jeder neuen Unterkunft gibt es neue Probleme und Hindernisse, leider mussten wir sehr schnell feststellen, dass die mobile Einheit defekt war und wir nur noch auf den Mikromotor zurückgreifen konnten. Schon am ersten Behandlungstag wurde uns klar, dass es sehr viele Patienten geben wird. Vom Rathaus der Stadt wurden Listen mit Patientennamen an uns gegeben, die wir versuchten so gut wie es nur geht abzuarbeiten. Der Hauptbestandteil unserer Arbeit waren Extraktionen. Allein in den zwei Wochen in Marillac zogen wir 1209 Zähne. Der Zustand der Zähne war sehr schlecht. Oft kamen Patienten, die nur noch Wurzelreste besaßen. Auch hier verteilten wir Zahnbürsten und zeigten den Patienten in Putzdemos, wie diese zu benutzen sind. Bei der Kommunikation mit den Patienten half uns Rolex, der als Englischlehrer auch einigen Frères die Sprache beibrachte. Wir arbeiteten mit dem lokalen Zahnarzt zusammen und konnten so Erfahrungen austauschen.

Eines Abends wurden wir zu einem Empfang beim Bürgermeister eingeladen. Bei Häppchen und Getränken bedankte sich der Bürgermeister bei uns und wir uns bei ihm für die Zusammenarbeit von Planet Action mit der Stadt Fort Dauphin.

Gegessen haben wir in der Regel mit den anderen Klosterbewohnern zusammen, wodurch wir uns sehr integriert gefühlt haben.  Auch einen großen Feiertag durften wir mit der ganzen Gemeinde feiern. Schon um fünf Uhr morgens wurde man von singenden und fröhlichen Menschen geweckt. Es folgte eine mehrstündige Messe mit Gesang, Tanz und jede Menge Weihrauch und anschließend gab es ein Fest auf der Terrasse des Klosters.

Wir haben uns im Kloster insgesamt sehr willkommen gefühlt, auch wenn wir uns erstmal an das Zusammenleben mit den Kakerlaken (wir haben alle Zutrittsmöglichkeiten mit Tape abgeklebt) und die teilweise nicht ganz so stabilen Betten gewöhnen mussten.

Zum wohl verdienten Ausklang unserer Reise verbrachten wir die letzten Tage in einem Hotel am Strand, um auch im Süden die Natur genießen zu können, die wirklich wunderschön ist.

Bernadette und Karim blieben noch für einige weitere Tage in Fort Dauphin. Also machten wir Studentinnen uns alleine auf den Rückweg. Mit einigen Stunden Verspätung und einer Routenänderung flogen Sarah, Kathi, Chrissi und Linda wieder zurück in die Hauptstadt, um am folgenden Tag in das Flugzeug nach Paris zu steigen.

Es war eine unglaubliche Erfahrung für uns. Wir konnten viel über Zahnmedizin und Land und Leute lernen und haben erfahren, wie es ist mit dem Nötigsten auszukommen. Wir freuen uns, dass wir so vielen Patienten helfen konnten.

Ein großes Dankeschön an Planet Action für die Unterstützung, an die Madagassen für die Gastfreundlichkeit und an die vielen großzügigen Spenderinnen und Spender, ohne die der Einsatz gar nicht erst möglich gewesen wäre!

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